Opern-Star René Pape: „Ich hatte nur zwei Vorsingen“

Opernsänger René Pape mit der Krone aus dem Stück „Boris Godunow“ von Modest P. Mussorgski. Photo: Sebastian Kahnert

Renommierte Opernbühnen, Dutzende Klassik-Alben und gleich mehrere Grammys und Echos: Der Dresdner René Pape wird als einer der besten Bass-Sänger der Welt gefeiert.

An der Berliner Staatsoper steht der 48-Jährige derzeit in „Das Rheingold“ und „Die Walküre“ auf der Bühne, an der New Yorker Metropolitan Opera gibt er den „Gurnemanz“ im „Parsifal“. Über das Live-Kinoprogramm der „Met“ konnten Menschen in rund 1900 Kinos in mehr als 60 Ländern Pape dabei zuhören. Während einer Aufführungspause im zweiten Akt der Oper erzählt der „König des Bass“ im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa von den Anfängen seiner Karriere und einer der glücklichsten Nächte seines Lebens – der deutschen Wiedervereinigung.

Sie sind in Dresden geboren, haben aber – neben Berlin – auch an der New Yorker „Met“ eine künstlerische Heimat gefunden. Wie fühlt sich das für Sie an?

Pape: „Ich finde es nach wie vor immer wieder toll, hier sein zu können. Sicher hat man als Student mal davon geträumt, hier singen zu können, aber das war natürlich nicht abzusehen. Jetzt ist es so gekommen, und dafür bin ich sehr dankbar.“

Wie haben Sie den 9. November 1989 erlebt?

Pape: „Abends haben wir uns die Nachrichten angeschaut, und es war ja sowieso schon Spannung überall. Dann sind wir mit dem Auto von einem Freund von mir nach Berlin gefahren, haben es in Ost-Berlin abgestellt, sind bei der Glienicker Brücke über die Grenze gelaufen und haben uns die ganze Nacht in West-Berlin aufgehalten. Das war natürlich was Besonderes, ein Freudenfest, eine Wahnsinnsfeier! Die Menschen waren außer sich, glücklich, dass das jetzt und so friedlich passiert ist. Natürlich wusste man nicht, wie es weitergeht, aber es war auf jeden Fall eine der glücklichsten Nächte, die ich erleben durfte. Auch jetzt noch, wenn ich Dokumentationen sehe oder irgendwelche Beiträge, bekomme ich Gänsehaut und mir laufen die Freudentränen herunter.“

Wie hat Ihr Aufwachsen in der DDR ihre Karriere beeinflusst?

Pape: „Ich hatte eine sehr gute Ausbildung. Wir hatten wirklich sehr gute Bedingungen, mussten zum Beispiel nicht nebenbei jobben. Aber wir konnten eben auch nicht eben mal nach Wien fliegen, nach West-Berlin oder München, um uns da mal vielleicht andere Sänger und Dirigenten anzuschauen, das war uns einfach verwehrt.“

Woher kam der Entschluss, Opernsänger zu werden?

Pape: „Ich bin im Dresdner Kreuzchor aufgewachsen, und so mit 14 war dann schon der Wunsch da weiterzumachen, weil es mir Spaß gemacht hat. Dann habe ich den Weg des angehenden Studenten genommen, mich beworben und eine Aufnahmeprüfung gemacht. Ich wurde „bedingt“ aufgenommen – also wenn überhaupt etwas aus mir wird, dann Chorsänger. Hat mich nicht weiter gestört, ich wollte einfach singen. Und ob ich jetzt im Chor lande oder nicht, das war mir eigentlich egal. Zu Ost-Zeiten gab es ja eh nicht diesen Konkurrenzkampf, man wusste ja eh, dass man in irgendeinem Chor schon landen wird. Man hatte nicht diese Existenzängste. Das es dann anders kam, das ist der Lauf der Dinge, aber das haben die damals halt so eingeschätzt, die Herren Professoren.“

Welche Eigenschaften haben Sie dann gebraucht, um so weit zu kommen?

Pape: „Talent und Begabung klar, aber es ist auch viel Glück dabei. Ich habe 1990/91 mit (dem Dirigenten Georg) Solti gearbeitet und das hat mir natürlich viele Türen geöffnet. Ich habe in meinem Leben zwei Vorsingen gemacht – 90 für Solti und 91 für die „Zauberflöte“ in Salzburg. Danach nie wieder.“

Was hat Ihnen mehr geholfen – Grammy und Echo?

Pape: „Vom Stellenwert ist ein Grammy natürlich internationaler, das ist schon eine Ehre, dieses Grammophon im Regal stehen zu haben. Aber für die Karriere hat das nichts zu bedeuten, das ist einfach nur schön.“

Was müssen Sie tun, um Ihre Stimme so zu erhalten?

Pape: „Ich lebe ein ganz normales Leben und das ist mir auch wichtig. Früher habe ich ein bisschen mehr Wein getrunken, jetzt trinke ich weniger. Wenn man älter wird, verschieben sich da die Prioritäten. Aber ich gehe immer noch gern mal ein Glas Wein trinken.“

Wie lange singen Sie sich ein vor einem Auftritt?

Pape: „Das kommt drauf an, wie lange die Rolle ist und wie schwierig. Man schaut vormittags wie die Stimme läuft, und je nachdem murmelt man sich so langsam ein, macht ein paar Geräusche vor sich hin und singt sich dann ein bisschen oder mehr ein – je nachdem, in welcher körperlichen Verfassung man ist. So sechs, sieben Stunden Oper, das ist ein Marathon.“

Welche Ziele und Träume haben Sie noch für Ihre Karriere?

Pape: „Ich hab keinen Druck, noch etwas machen zu müssen. Aber Buenos Aires oder die ein oder andere kleine Oper in Südamerika, ich war noch nie in Korea und habe noch nie in China gesungen oder am Bolschoi in Moskau – da gibt es sicherlich noch Bühnen, auf denen ich noch gerne stehen möchte. Ich möchte auch gerne mal wieder Film machen oder Theater spielen. Schauen wir mal, was alles noch so ansteht, aber ohne Druck und ohne Zwang, was kommt, kommt, und wenn es kommt, dann freut man sich.“

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